Samstag, 31. Oktober 2009

Das Ende der Samurai in Aizu-Wakamatsu








Dienstag, 15.09.2009


Heute mache ich meine erste kleine "Alleinreise" in meinem diesjährigen Japanurlaub.

Tetsuo hat mir empfohlen, nach Aizu-Wakamatsu zu fahren, um dort die berühmte Burg und Samuraihäuser anzusehen. Für die Übernachtung hat er für mich per Internet ein Zimmer im Fujimi Ryokan in Aizu gebucht.
Zu meiner Reisevorbereitung gehört weiter ein exakt von ihm ausgearbeiteter Fahrplan für Hin- und Rückfahrt mit jeweiligen Alternativen für den Fall, dass etwas schief geht oder ich länger irgendwo verweilen möchte.

Zunächst muss ich mit dem Shinkansen fahren. Mit meinem Japan Rail Pass werde ich höflich durch die Sperren im Obergeschoss des Bahnhofs Sendai gebeten. Die Züge werden in der Lobby und auf den Bahnsteigen neben Japanisch auch in Englisch angezeigt, so dass man eigentlich nicht in den falschen Zug steigen kann.

Ich muss den Shinkansen nach Tokio nehmen und in Koriyama umsteigen. Noch bin ich nicht völlig mit dem Shinkansenbetrieb vertraut, denn offensichtlich bin ich in einen Waggon für reservierte Sitzplätze eingestiegen. Der dienstbeflissene Schaffner muss mir das am Gesicht angesehen haben, denn als einziger Fahrgast in dem nur zu einem Viertel besetzten Waggon werde ich kontrolliert und auf einen anderen Sitz verwiesen. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Ich möchte aber gleich hinzufügen, dass dieser Vorfall der einzige war, in denen mir Japaner nicht mit äußerster Höflichkeit, Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit begegnet sind.

In Koriyama muss ich umsteigen und einen Lokalzug nach Aizu-Wakamatsu nehmen. Sicherheitshalber frage ich einen der wartenden Fahrgäste: "Kono densha wa Aizu-Wakamatsu he ikimasuka?" (fährt dieser Zug nach Aizu-Wakamatsu?) und bekomme ein freundliches "hai, ikimasu" (ja, er fährt dort hin) zur Antwort.

Aizu-Wakamatsu liegt in den wunderschönen Bergen von Zentralhonshu und auf der Fahrt dorthin werden die Täler immer enger und die Berge höher. Überall sind Reisfelder als große oder keine gelbe Flächen zu erkennen. Manche Felder sind schon abgeerntet und die Reisbündel sind auf Holzböcken zum Trocknen aufgehängt. Manchmal wartet der Zug an einem Bahnhof, um den Gegenverkehr vorbeizulassen, denn die Strecke ist größtenteils einspurig. Es ist für mich immer ein kleines Wunder, wie dennoch 100% Pünktlichkeit erreicht werden kann.

Vor dem Bahnhof in Aizu stehen Busse, darunter auch Touristenbusse, die die Sehenswürdigkeiten der Stadt anfahren. Fahrpläne gibt es auch auf Englisch, was immer ein Zeichen dafür ist, dass auch ausländische Touristen den Ort besuchen. Es sind alte, ausgediente Busse, die liebevoll restauriert und mit auffälligen Farben bemalt worden sind, so dass man sie immer sofort erkennen kann.

Zuerst lasse ich mich zur Burg fahren, die Tsurugajo (Kranichburg) heisst. Das ursprüngliche Gebäude, erbaut 1384 von den Fürsten von Aizu, galt als stärkste Festung in Nordostjapan. In Aizu-Wakamatsu und um diese Burg fanden nach der von den Amerikanern erzwungenen Öffnung Japans nach 200 Jahren selbstgewählter Isolation heftige Kämpfe statt. Die Stadt war einst Zentrum der einflussreichen Matsudaira Sippe. Diese kämpfte 1868 auf Seiten des Tokugawa Shogunats gegen die kaiserlichen Meji-Truppen (in Wikipedia habe ich ein Foto von jungen Samurais aus dieser Zeit gefunden, ein sehr interessantes Dokument). Die mit Wassergräben und dicken Steinmauern gut gesicherte Burg hielt einen Monat lang den kaiserlichen Soldaten stand. Von einem nahegelegenen Hügel sahen 20 Söhne der Samurais im Alter von 14 bis 16 Jahren, genannt "weiße Tiger" (Byakkotai) die brennende Burg und dachten, die Schlacht sei verloren. Gemeinsam begingen sie rituellen "Seppuku" (http://http//de.wikipedia.org/wiki/Seppuku). Doch die Schlacht war noch nicht verloren und der Kampf dauerte an. Schließlich siegte doch die Meji Regierung und ließ die Burg 1874 niederbrennen. In Aizu-Wakamatsu wurde aber das Andenken an die getöteten Samurai immer hoch gehalten und für die Söhne auf dem Selbstmordhügel Rimoriyama ein Museum eingerichtet. Dort sind auch Gedenksteine für jeden der getöteten Jungen zu besichtigen.

Durch eine private Initiative wurde die Burg im Jahre 1965 nach alten Vorlagen und Fotografien wieder aufgebaut. Sie ist heute ein Museum. In dem weitläufigen Park ist auch ein Teehaus wiederaufgebaut worden, in dem man für wenig Geld eine Teezeremonie bekommen kann.



Zu Fuß gehe ich weiter zum Heilkräutergarten (Oyakuen), der in der Nähe liegt. Auf dem Weg dorthin komme ich an einem Blumenladen vorbei, vor dem wunderschöne Bonsai zum Verkauf stehen.




Oyakuen wurde im 17. Jahrhundert angelegt. Es ist ein typisch japanischer Garten. Es sind nur ganz wenig Besucher da, so dass man die Stille genießen und die kunstfertige Anlage bewundern kann. Nichts ist natürlich, aber nichts sieht aus wie künstlich. In dem großen Teich schwimmen riesige Kois, schwarze, goldfarbene, rote. Sie folgen den Besuchern auf ihrem Gang um den See. An einer Stelle kann man Futter kaufen. Natürlich füttere ich auch. Unglaublich, wie schnell sich hier alle Kois versammeln und ihre Mäuler aufsperren, als warteten sie darauf, dass man ihnen Futter hineinwirft. Einige Enten sind auch plötzlich da. Im Kampf um das Futter sind sie meistens schneller als die Kois.

Mit dem Bus fahre ich zurück zum Bahnhof, um mich auf die Suche nach dem Fujimi Ryokan zu machen, aber davon erzähle ich im nächsten Post.







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