Sonntag, 27. Dezember 2009

Straße ins Nichts

Samstag, 19.09.2009

Vor dem Frühstück fahren wir hoch in den 13. Stock und genießen das heiße Wasser mit dem schönen Ausblick auf den Hafen und den Hakodate Berg gegenüber. Sogar eine Sauna ist vorhanden.

Frühstück gibt es als japanisches Buffet. Es ist sehr reichhaltig und schmeckt wie immer sehr gut.

Wir gehen am Fischmarkt vorbei zurück zum Bahnhof. Ein unglaublich großes Angebot an Fisch, Krebsen, Muscheln. Große Krebse liegen in Kartons oder liegen zuhauf in Wasserbecken.

Tetsuo sagt, dass wir uns rechtzeitig anstellen müssen, da wir sonst keinen Sitzplatz bekommen. Als er die Karten für die Hokkaidofahrt reservieren ließ, waren nicht mehr alle Züge frei. So reihen wir uns also in die Schlange der Wartenden auf dem Bahnsteig ein und bekommen unseren Sitzplatz im Lokalzug.

Im Bahnhof Toya werden wir von Tomiko, Tetsuos Mutter und Akio, seinem Bruder, erwartet. Beide freuen sich offensichtlich sehr und begrüßen mich mit Handschlag, was mich zunächst etwas überrascht, aber dann erfreut, ist es doch ein Zeichen, dass beide sich mir schon vertraut fühlen. Es ist eine fröhliche Begrüßung und ich versuche, mit meinen bescheidenen Japanischkenntnissen eine kleine Konversation zu führen.

Mit Akios Auto fahren wir durch die schöne Landschaft Hokkaidos. Am Uzu-zan, einer Stelle, an der vor 9 Jahren ein Vulkan ausgebrochen ist, machen wir Halt. Die Japaner haben den Ort für die Besichtigung hergerichtet mit geteerten Wegen und Abschrankungen an den Stellen, wo es gefährlich werden könnte. Ein Informationsblatt zeigt uns, wie stark die Eruption gewesen ist.

Man sieht eine Straße, die abgesunken und durch einen kleinen Teich unterbrochen worden ist. Ein Auto ist halb in die Erde eingesunken, verkohlte Elektrizitätsmasten ragen in die Luft. Ein bizarrer Anblick.




Wir gehen weiter zu einer Anhöhe, von der aus man einen schönen Rundumblick hat. In der Ferne sehen wir ein großes Gebäude, das zur Seite geneigt ist. Die Erde hat es halb verschlungen. Die sichtbaren Teile des Gebäudes rosten vor sich hin.





Es berührt, zu sehen, wie die Natur langsam alle von den Menschen geschaffenen Veränderungen wieder rückgängig macht.

Wir fahren weiter und kommen zu einem schönen Aussichtsplatz mit Blick auf Toyako, den Toyasee.




Es ist ein Platz, an dem viele Ausflügler wegen der einmaligen Aussicht halten. Der Bär und der Lachs sind Symbole Hokkaidos. Sie geben ein schönes Motiv für ein Erinnerungsfoto ab.




Unsere nächste Station ist Makkari, ein kleiner Ort mit berühmtem Onsen. Natürlich lassen wir uns das nicht entgehen. Vom Freibecken aus hat man einen schönen Blick auf den Youteisan, den „Fujisan Hokkaidos“, dessen Gipfel wie der seines größeren Bruders in Honshu häufig von einem Wolkenschleier eingehüllt ist. Es weht schon ein sehr kräftiger Herbstwind.




Die Landschaft Hokkaidos, bewaldete Berge und tiefblaue Seen, ist sehr beeindruckend.

Es wird schon langsam dunkel und ist höchste Zeit, unser Hotel anzufahren. Nach einer kleinen Irrfahrt erreichen wir schließlich das „Niseko Northern Resort“ in Annapuri. Es ist ein sehr großes Hotel mit vielen Zimmern.

Natürlich gehen wir vor dem Abendessen noch ins Onsen. Durch die raumhohe Glaswand hat man einen romantischen Blick auf die Natur draußen: Bäume im Herbstlaub, von Scheinwerfern angestrahlt und ein kleiner Bach, der anmutig am Hotel vorbeifließt.

Das Abendessen, das wir im großen Restaurant einnehmen, ist wieder sehr lecker und reichhaltig. Es lässt keine Wünsche offen. Wer wissen möchte, was wir alles an leckeren Sachen gegessen haben, kann es gerne auf der Speisekarte nachlesen:






Dienstag, 15. Dezember 2009

240 m unter dem Meer: der Seikan Tunnel

Freitag, 18.09.2009

Heute ist "Ruhetag" für mich, das bedeutet Mails anschauen und schreiben, am Japanblog weiter arbeiten und schließlich den Rucksack  packen, denn das Wochenende wollen wir in Hokkaido, bei Tetsuos Familie, verbringen.

Tetsuo hat mir wieder einen kompletten Ablaufplan geschrieben. Ich muss zunächst alleine fahren. Ich steige am Bahnhof in den Shinkansen nach Morioka ein. In Shin-Hanamaki will Tetsuo zusteigen. Wie immer, klappt auch diese Verabredung und wir fahren gemeinsam weiter bis Morioka. Dort kaufen wir uns erst einmal je ein Ekiben (eigentlich Bentou, Karton mit Verpflegung) und Getränke und essen und trinken während der Weiterfahrt nach Hachinohe. Tetsuo ist wie immer schneller, als ich beim Essen. In 10 Minuten hat er den Inhalt seines Kartons aufgegessen, ich brauche die doppelte Zeit, weil ich mit den Stäbchen noch nicht so flink bin! Aber rechtzeitig vor der Ankunft in Hachinohe bin auch ich fertig.

In Hachinohe steigen wir um in den Expresszug, es ist der Super Hakucho, nach Hakodate. Der Zug ist überfüllt, weil am kommenden Montag ein Feiertag ist und viele Japaner das verlängerte Wochenende für eine Kurzreise nutzen. Viele Reisende sitzen auf dem Fußboden oder haben es sich dort längst bequem gemacht. Wie gut, dass Tetsuo noch rechtzeitig vorher Platzkarten reservieren konnte.

Wir nähern uns dem Seikan Tunnel, der die Tsugaru Meerenge unterquert. Sie trennt die beiden Hauptinseln Honshu und Hokkaido voneinander. Ich werfe einen Blick auf die graphische Darstellung, die auf der Rückseite der Sitze angebracht ist.



Ihr entnehme ich,

dass der Tunnel

54 km lang (davon 23 km unter dem Meer),

bis zu 12 m breit und

9 m hoch ist und dass

er 240 m unter der Meeresoberfläche und davon 100 m unterhalb des Meeresbodens liegt.





Mit dem Bau des Tunnels wurde 1964 begonnen. Als die Bauarbeiten 1985 vor den Abschluss standen, waren 34 Bauarbeiter durch Unfälle ums Leben gekommen, 700 verletzt. Eröffnet wurde der Seikan Tunnel im März 1988. Die Baukosten von geplanten 200 Milliarden Yen, addierten sich auf über 700 Milliarden (ca. 4,3 Milliarden €).

Im Internet fand ich noch eine Beschreibung der unterirdischen Bahnhöfe im Tunnel:

„Im Verlaufe des Seikan-Tunnels gibt es zwei unterseeische Bahnhöfe, an denen auch regelmäßig Züge halten. Mit 147.5 Metern unter dem Meeresspiegel ist Yoshioka-kaitei der tiefste (öffentliche) Bahnhof der Welt. Der weiter südlich gelegene Bahnhof Tappi Kaitei liegt geringfügig höher.

Im Bahnhof kann man eine Ausstellung zum Bau des Seikan-Tunnels und einen kleiner Vergnügungspark (…) besuchen. Auch werden Führungen durch die ausgedehnten Kavernen angeboten, in denen unter anderem ein Kraftwerk zur (Not)Stromversorgung und starke Pumpen stehen, um den bedingt durch poröses Gestein stark leckenden Tunnel wasserfrei zu halten. Die schrägen Stollen zur Erdoberfläche dienen als Evakuierungsmöglichkeit, sind aber normalerweise nicht frei zugänglich."

Die Fahrt im Tunnel dauert 24 Minuten. Um 22.00 Uhr erreichen wir schließlich Hakodate.

Samstag, 12. Dezember 2009

JLPT4

Am 06.12. war es endlich soweit. Ich fuhr zur Japanischprüfung nach Düsseldorf.

Seit genau 25 Jahren wird die Japanischprüfung in der Volkshochschule in Düsseldorf abgehalten. Damals waren es 76 Bewerber, diesmal 576. Düsseldorf, die "japanische Hauptstadt in Europa" war vor 25 Jahren die erste Stadt Europas, in der Japanischprüfungen abgehalten wurden. Darauf ist die VHS Düsseldorf besonders stolz. Seit einiger Zeit kann man die Prüfung auch in Stuttgart und Berlin ablegen. Sie findet, weltweit, immer am 1. Sonntag im Dezember statt. In diesem Jahr waren es einige zehntausend Prüflinge, die zum Test angetreten waren.

Die meisten Teilnehmer machten die JLPT4 Prüfung, unterste von 4 Stufen. Voraussetzung dafür ist, etwa 120 Kanji (die gebräuchlichsten) zu kennen, etwa 800 Vokabeln gelernt zu haben, einen einfachen Text lesen zu können, sowie Fragen hierzu und zu Hörbeispielen zu verstehen und diese Fragen zu beantworten.
Wir Prüflinge der untersten Stufe saßen in einem großen Saal an langen Tischreihen. Jedem war sein Platz zugewiesen. Auf dem Tisch waren Trennwände aufgestellt, so dass man nicht vom Nachbarn abschreiben konnte. Dazu hätte man allerdings auch keine Zeit gehabt, denn für die Prüfung, in der in drei Teilen insgesamt 112 Fragen gestellt wurden, die im Multiple Choice Verfahren (4 Antwortvorgaben, jeweils eine war richtig) zu beantworten waren, hatten wir insgesamt 100 Minuten Zeit.

In den Wochen vor dem Test hatte ich fast jeden Tag intensiv Japanisch gelernt. Man kann aus dem Internet alle möglichen Lernhilfen herunterladen und sogar online lernen. Auch habe ich mir in Japan dieses Buch mit den Prüfungen der Jahre 2004 bis 2006 gekauft. Es enthält auch 2 CDs für die Hörbeispiele. Eine sehr gute Lernhilfe.



Geholfen haben mir auch Tetsuo, im "Fernstudium" per Chat, sowie Kurikosan, meine Japanischlehrerin an der VHS in Münster. Kuriko hat es sich auch nicht nehmen lassen, uns 5 Testkandidaten vom Fortgeschrittenenkurs der VHS durch ihre Anwesenheit in Düsseldorf zur Seite zu stehen. "Kurikosan to Tetsuosan wa, doumo arigatou gozaimashita!"

Als Schwachpunkt hatte sich bei der Vorbereitung das Hörverständnis erwiesen, denn nach wie vor sprechen die Japaner schneller, als ich denken und übersetzen kann! Auch beim Test war das Hörverständnis, das diesmal extrem schwierig war, mein schwächster Teil. Sollte ich allerdings beim Wortschatz (Kanji und Kana) sowie bei der Grammatik und beim Leseverständnis gut abgeschnitten haben, könnte es insgesamt noch zum Bestehen gereicht haben. Jetzt ist aber erst einmal eine lange Wartezeit angesagt, denn das Ergebnis wird nicht vor Februar/März 2010 bekanntgegeben.

Drückt mir mal kräftig die Daumen, dass es geklappt hat!

Nachdem wegen der Vorbereitung für die Prüfung mein Tagebuch im Stillstand verharrte, werde ich jetzt meine Berichterstattung wieder aufnehmen.

Sonntag, 15. November 2009

山寺 Yamadera: 1110 Stufen in den Himmel

Donnerstag, 17.09.2009

So hart und lange Tetsuo auch arbeiten muss, er findet immer Zeit, um sich für mich einen neuen Reisevorschlag auszudenken und meine Reise minutiös zu planen.

Für heute hat er mir vorgeschlagen, die Tempelanlage in Yamadera zu besuchen. Wie immer, hat er mir einen genauen Ablaufplan für die Zugfahrten nebst Alternativen aufgeschrieben. Und so sieht sein Plan für heute aus:



Wie man sieht, soll neben den kulturellen Genüssen auch das leiblich Wohl nicht zu kurz kommen. Soba sind Nudeln aus Buchweizenmehl, die man in vielerlei verschiedenen Variationen essen kann. Manche Restaurants sind darauf spezialisiert und es gibt Orte, wie Yamadera, die für ihr Soba berühmt sind. Wer mehr über Soba wissen möchte, wird bei Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Soba_(Nudeln) fündig.

Um zum Bahnhof Tohoku-Fukushidai-mae (was für ein Zungenbrecher für Europäer!) zu gelangen, brauche ich nur die Straße hochzugehen und nach 15 Minuten bin ich schon am Ziel. Es ist ein kleiner,moderner Stadtteilbahnhof, direkt neben der Universität.



Yamadera liegt zwischen Sendai und Yamagata. Mit der Senzan Linie, einem Lokalzug, dauert die Fahrt von Sendai nach Yamadera etwa eine 3/4 Stunde. Vorbei an Reisfeldern, Bauernhäusern und kleineren Ortschaften fährt der Zug in immer enger werdende Täler und durch Tunnels. Dann erreichen wir Yamadera.

Yamadera heißt auf Deutsch "Bergtempel" und der kleine beschauliche Ort zwischen hohen Bergen, die mich an das Alpenvorland erinnern, trägt denselben Namen. Mein Vis-a-vis Reiseführer listet im Index über 100 Tempel und Schreine einzeln auf, davon die meisten in Kyoto, aber über Yamadera verliert er kein Wort. Das ist mir nicht unlieb, denn so kann man diese eindrucksvolle Anlage in Ruhe und unbehelligt vom Touristenrummel begehen und betrachten. Die Anlage zieht sich vom Tal weit hoch hinauf in den Berg. Vom Bahnhof kann man auf einer Aussichtsplattform hinüberschauen und einzelne Bauten zwischen den hohen Bäumen erkennen. Die meisten liegen aber versteckt im Wald. Einen guten Eindruck über die Lage der über 40 Tempelgebäude vermittelt die Tafel auf dem Bahnsteig.




Nur wenige Besucher, alles Japaner, verlassen den Bahnhof und machen sich auf den Weg. Ich reihe mich ein, gehe ich doch, nicht zu Unrecht, wie sich erwesien sollte, davon aus, dass alle demselben Ziel zustreben.  Ein Japaner spricht mich beim Verlassen des Bahnhofs an, er möchte wissen woher ich komme. "Doitsu kara kimashita" (ich komme aus Deutschland). "Ah, doitsu jin desu" (Ah, Sie sind Deutscher) und er strahlt über das ganze Gesicht. "Guten Tag, eine kleine Nachtmusik!" Ich singe ihm die Melodie des 1. Satzes vor und wir beide lachen. Es ist eine sehr lustige Begegnung, wie ich noch viele in Japan erleben sollte. Ein Stück gehen wir zusammen, bis zur Hauptstraße, dann vielleicht 300 m nach rechts, vorbei an typischen Restaurants und Souvenirläden, und schon stehen wir an der Treppe, die zum Eingang hinauf führt.



Mein Wegbegleiter geht voraus, als ich anfange, zu fotografieren. Kaum bin ich bis zur halben Höhe hochgestiegen, kommt er mir schon wieder entgegen. doch ich lasse mir Zeit, lasse dieses einmalige Ensemble auf mich einwirken und fotografiere, denn an Motiven hapert es wahrlich nicht.

Ein sehr schöner japanischer Garten fesselt zuerst meine Aufmerksamkeit.



Es ist ein langer Weg nach oben, mein japanischer Begleiter hat mir 803 Stufen aufgezeichnet, in Wikipedia (Stichwort: Yamadera) steht, dass es 1110 Stufen sind.  Ich zähle sie nicht. Wie dem auch sei, der Aufstieg ist beschwerlich und ich muss das eine über das andere Mal innehalten, um zu verschnaufen.

Yamadera ist eine der ältesten Tempelanlagen in Japan. Der Überlieferung nach hat der buddhistische Priester Jikaku Daishi (Ennin) 860 mit dem Bau des Haupttemples, des Konponchudo, begonnen. Es ist das erste Gebäude, das man auf dem Weg nach oben sieht. Die Tempel sind sehr schön in die Landschaft und den Wald mit riesigen Zedern eingebettet. Manche sieht man erst nach einer mühseligen Kletterei, wenn die Treppe ploetzlich eine andere Wendung nimmt. Etwa auf halber Höhe geht man durch das große Tor, ganz aus Holz gebaut.



Ganz oben angekommen, vor dem Heiligtum Okunoin, ist man wirklich dem Himmel nah. Von hier aus bietet sich ein herrlicher Ausblick auf die darunterliegenden Gebäude im Wald. Freien Ausblick auf den Ort Yamadera und die gegenüberliegenden Berge, an deren Fuß sich die Gleise der Senzan Linie schlängeln, um sich bald im Tunnel zu verlieren, hat man vom Godaigo. Das Gebäude ist direkt auf einem hervorstehenden großen Felsen errichtet und man hat eine unverstellte Sicht auf die grandiose japanische Berglandschaft. Unvergesslich!













Der Abstieg vollzieht sich weit weniger mühevoll als der Aufstieg und bald bin ich wieder unten im Tal.

Großen Hunger habe ich nicht, also verzichte ich auf Soba. Es wird sich bestimmt während meines Aufenthaltes in Japan noch eine Gelegenheit dafür ergeben.

Ich muss nicht lange auf den Zug warten. Müde, aber voller Eindrücke, fahre ich zurück nach Sendai.

Dienstag, 10. November 2009

"Beruto ga arimasuka" oder japanischer Gürtel für einen Tag

Ich erwische gerade noch den Zug nach Kitakata. Kitakata ist eine kleine Stadt, aber berühmt für ihre schönen alten Läden.

Mich beschäftigt aber zunächst der Gedanke, wie ich an einen neuen Gürtel komme. Es war mir in der Samurairesidenz in Aizu-Wakamatsu schon sehr unangenehm, immer die Hose hochziehen zu müssen.

Wenn man die Bezeichnungen der Läden nicht versteht, weil man die Kanji nicht kennt, gibt es nur eins, so lange zu suchen, bis man ein vermeintlich passendes Geschäft gefunden hat. Ob es reine Ledergeschäfte gibt, weiß ich nicht, also halte ich mich an Geschäfte, die Kleidung verkaufen. Das erste, dass ich betrete, scheint schon Fehlanzeige zu sein, denn ich sehe nur Frauenkleider auf den Bügeln hängen. Ich möchte auf dem Absatz kehrt machen, aber im Hintergrund sitzen 2 Damen und begrüßen mich sehr höflich. Jetzt ist es egal, dachte ich, ob ich mich blamiere, jetzt trage ich einfach mein Anliegen vor.

"Beruto ga arimaska". Das heißt auf Deutsch. "Haben sie Gürtel"? Beruto klingt etwas komisch für dieses Kleidungsstück, aber der Begriff lässt sich erklären, wenn man ihn von einem Japaner ausgesprochen hört.
Japanische Wörter sind aus Silben zusammengesetzt. Alleinstehende Konsonanten gibt es nicht, mit Ausnahme des n. Wenn man jetzt das Wort Be-ru-to japanisch ausspricht und man weiß, dass ein r zwar als r geschrieben, aber eher als l gesprochen wird und wenn man weiter weiß, dass die Vokale u und o am Silbenende nur leicht angedeutet werden, dann spricht sich das Wort so aus: Be-l-t. Und siehe da, wir erkennen das englische Wort für Gürtel wieder, das in die japanische Sprache Eingang gefunden hat, wie sehr viele andere Lehnwörter. Um auch in der Schrift deutlich zu machen, dass belt ein Lehnwort ist, schreiben es die Japaner in einer eigenen Schrift, die Katakana heißt. Be-ru-to wird dann so geschrieben:
 べ ル ト. Wäre es ein genuin japanisches Wort, würde man es in der älteren Schrift, Hiragana genannt, schreiben und es würde so aussehen:  べ る と.  Der Vorteil für die Japanischlernenden ist, dass man schon an der Schrift erkennen kann , ob es sich um ein original japanisches Wort oder ein vom Ausland übernommenes Lehnwort handelt, das natürlich auch oft stark japanisiert wird. Beispiel: "department" wird zu "depa-to", "supermarket" zu "su-pa", "knife" zu "naifu" usw.

Doch jetzt wieder zurück zum Gürtelkauf. Es gelingt mir, mich verständlich zu machen und tatsächlich zieht eine der beiden Damen, wohl die Chefin, eine Schublade auf, in der 3 Gürtel für Männerhosen liegen. Ein Strahlen geht über mein Gesicht, das sich jedoch beim Anprobieren des ersten Gürtels deutlich abschwächt. Japaner sind nicht nur kleiner als Europäer, sie haben auch einen kleineren Bauchumfang! Doch so schnell wird nicht aufgegeben und siehe da, der 3 Gürtel passt so einigermaßen. Doch nächstes Problem die japanischen Gürtel sind nicht so einfach wie die europäischen: Schließe mit Dorn für das Loch im Gürtel. Nein, dieser Gürtel ist ein elegantes Bauchgebinde und dazu noch ein kleines Wunderwerk japanischer Technik. Einer Technik, die ich allerdings nicht beherrsche - und wie sich im Laufe des Tages zeigen wird - auch nicht beherrschen werde. Auch die nette Japanerin, die sich so liebevoll um mein Anliegen kümmert, weiß nicht weiter. Wir schaffen es nicht, den Gürtel festzumachen. Vielleicht möchte sie mich auch nicht so direkt anfassen, um den Gürtel zu schließen. Doch Hilfe naht in Gestalt des Chefes, der gerufen wird und vom Oberstock herunter kommt. Er hat denselben Gürtel an ud kennt also das System. Ein schwieriges Unterfangen gelingt, wobei ich mich allerdings frage, warum der Gürtel so schwer in die Schließe gezwängt werden muss. Für 1 000 Yen, etwa 7 €, geht der Gürtel in meinen Besitz über. Die Einladung der netten Frau, eine Tasse Tee mit ihnen zusammen zu trinken, nehme ich gerne an.

Ich kürze jetzt etwas ab. Im Laufe des Tages bin ich doch sehr froh, dass ich, um einem Bedürfnis nachzugehen, nicht die Hosen herunterlassen muss, denn ich bekomme den Gürtel nicht mehr aus der Schließe herausgewürgt. Trauriges Ende einer sehr kurzen Beziehung zwischen dem schmucken Stück und mir ist, dass ich ihn am Abend durchschneiden muss, um mich wieder zu befreien.

Kitaka wird mir immer als die Stadt mit dem Gürtel in Erinnerung bleiben. Aber natürlich auch als die Stadt mit den alten Geschäften, deren Auslagen ich auf meinem Spaziergang in der heißen Mittagsonne betrachte.
Vor dem Eingang zu einem Wohnhaus an einer sehr belebten Straße sehe ich ein kleines Wasserrad, das von einem Strahl aus einem Bambusrohr angetrieben wird.


Donnerstag, 5. November 2009

Aizu Bukeyashiki: Residenz eines mächtigen Samurai

Mittwoch, 16.09.2009

Gestern Abend war ich etwas erschöpft. Ich dachte, eine Erkältung ist im Anflug, aber nachdem ich sehr gut geschlafen habe, fühle ich mich wieder fit.

Ich wasche mich, ziehe meinen Yukata an und gehe hinunter zum Frühstück (Asagohan). Der (das?) Asagohan ist nicht besonders. Der geräucherte Lachs schmeckt etwas überlagert, ich lasse ihn liegen. Aber alles übrige, Gemüse und  Misosuppe, schmeckt gut. Reis gibt es genug, also gehe ich nicht hungrig vom Tisch.

Während ich mich auf meinem Zimmer anziehe, passiert das Missgeschick: meine Gürtelschnalle bricht ab. Das fehlte mir gerade noch! Ich habe bereits durch die fischreiche Kost etwas abgenommen, also mit dem Bauch festhalten, das geht nicht! Es hilft alles nichts, ich muss mir einen Gürtel kaufen. Und bis ich einen habe, muss ich eben hin und wieder die Hose hochziehen. Unangenehmer Zustand!

Zunächst bezahle ich aber das Zimmer. Die Übernachtung war nicht besonders teuer: mit Frühstück und Abendessen (incl. ein Liter Bier) 7000 Yen, das sind knapp 50 €. Der Abschied ist sehr freundlich. Tochter und Mutter (die das Essen gekocht hat) wünschen mir alles Gute. Ich lasse mir noch den Weg zum Bahnhof zeigen und wundere mich, dass er praktisch um die Ecke liegt. Da bin ich gestern doch tatsächlich mit der Kirche ums Dorf gegangen.

Als erstes möchte ich einen Gürtel kaufen, aber in der Umgebung sehe ich kein Kleidergeschäft.  Also fahre ich erst einmal mit dem Touristenbus zu der Samurai Residenz Aizu Bukeyashiki.

Ich hoffe, ihr könnt den kleinen Führer in Englisch lesen, den ich gescannt habe, dann muss ich nicht so viel erklären.



Die Aizu Bukeyashiki Residenz mit 38 Räumen ist eine 30 Jahre alte Rekonstruktion. Die ursprüngliche Residenz ist im schon erwähnten Boshin-Krieg niedergebrannt worden. Die Anlage ist sehr weitläufig. Sie umfasst mit Garten 23.00 qm. Da aber fast alle Räume sich zum Garten hin öffnen, bekommt man einen guten Einblick in die damaligen Wohn- und Lebensverhältnisse.




In einigen der Räume sind mit Puppen Szenen aus der damaligen Zeit nachgestellt. Besonders anrührend ist die Geschichte von der Familie des letzten Samurais, Tanomo Saigo. Seine Frau und Töchter begingen hier Seppuku, während er in der Nähe gegen die Meji Truppen kämpfte. Da die jüngste Tochter (auf dem Foto im Arm der Schwester) noch ein Kleinkind war und kein Seppuku begehen konnte, hat sich der feindliche Soldat "erbarmt" und sie mit seinem Schwert getötet. Dies wird auf den Tafeln in Japanisch und Englisch erläutert. Für die japanischen Besucher läuft zusätzlich noch ein Audioclip ab, untermalt mit dramatischer Musik.






Üblicherweise waren die Toiletten in den Samurairesidenzen außerhalb der Hauptgebäude angebracht. Im Aizu Bukeyashiki kann man jedoch eine für die damalige Zeit bemerkenswerte Neuerung betrachten. Die Toilette für den Führer des Clan war innerhalb des Gebäudes untergebracht. Man sieht die typische japanische Toilette, wie man sie heute auch noch überall antrifft, allerdings aus Holz gefertigt. Der Clou war aber, dass das "große Geschäft" in einen kleinen Holzwagen auf Rädern fiel, der von den Bediensteten von außen herausgezogen und gereinigt werden konnte.

Die 190 Jahre alte Reismühle aus Shirakawa, die hier wiederaufgebaut wurde, ist voll funktionstüchtig. Die riesigen Holzwellen werden von Wasserkraft angetrieben. Das gesamte Räderwerk ist aus Holz und ein Meisterstück der Schreinerkunst. Beeindruckend!



Nach dem Rundgang möchte ich eigentlich noch in ein öffentliches Onsen auf dem Berg gehen, aber da die Touristenbusse das Onsen 3 Stunden lang nicht anfahren und ich heute noch nach Kitakata fahren möchte, wird mir die Zeit etwas zu eng. So kehre ich zurück zum Bahnhof.

Dienstag, 3. November 2009

Wo bitte geht es zum Fujimi Ryokan?

Ab 16.00 Uhr kann ich mich im Fujimi Ryokan einchecken. Es liegt in der Nähe des Bahnhofs. Mit dem lustigen Touristenbus fahre ich zurück zum Bahnhof. Ich bin etwas müde, da ich den ganzen Tag unterwegs war. Doch wo genau ist nun mein Ryokan? Der Plan, den Tetsuo aus dem Internet ausgedruckt hat, hilft mir nicht weiter. Ich weiß nicht, ob das Hotel vor oder hiner dem Bahnhof liegt. Ich entscheide mich, dass es hinter dem Bahnhof liegt. Ein junger Mann, der als Schülerlotse am Bahnübergang steht, bestärkt mich in dieser Annahme, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass er mir mit seiner Antwort mehr einen Gefallen tun wollte, weil er sehr unsicher wirkte. Also suche ich hinter dem Bahnhof. Doch bald erkenne ich, dass hier eine reine Wohngegend ist. Nicht der richtige Ort für einen Ryokan. Ich spreche einen Japaner an, wahrscheinlich ein Bauarbeiter, der sich mit einer Frau vor der Türe unterhält. Er schaut sich sehr intensiv den Plan an und erklärt mir dann, dass ich hier nicht richtig bin. Er malt mir den Weg zum Ryokan in den Plan, aber dann entscheidet er sich plötzlich, mich dorthin zu fahren. Ich freue mich natürlich sehr, denn ehrlich gesagt, stehe ich völlig auf dem Schlauch. Nicht einmal ein Taxi ist weit und breit zu sehen. Während der Fahrt möchte er wissen, woher ich komme und als ich sage, aus Deutschland, nickt er zustimmend. Wir fahren wieder zurück über den Bahnübergang und sind auch gleich  am richtigen Ort. Bevor ich aussteige, möchte mein japanischer Helfer noch wissen, ob ich auch im Ryokan reserviert habe. Ich nicke bestätigend und bedanke mich ganz herzlich bei ihm und verabschiede mich mit vielen Verbeugungen.

Im Fujimi hat man mich schon erwartet. Eine junge Frau begrüßt mich sehr höflich. Meine Japanischkenntnisse reichen aus, um mich vorzustellen und meine Wünsche bezüglich des Abendessens und des Bades vorzubringen. Abendessen um 18.30 Uhr und das Bad wäre um 17.00 Uhr für mich bereit.
Ich werde zu meinem Zimmer im ersten Stock geleitet. Es ist ein einfaches, aber großes Tatamizimmer. Der Futon liegt schon ausgebreitet auf dem Boden. Ich bereite mir einen grünen Tee zu und esse die Süßigkeit, die auf dem Tisch liegt, das ist obligatorisch in jedem Ryokan.



Punkt 17.00 Uhr klingelt das Telefon und man sagt mir, dass das Bad fertig sei. Dieses Ryokan hat keine eigene Thermalquelle. Aber die hohe Badewanne ist mit sehr warmem Wasser gefüllt und ich genieße es, mich im Wasser meinen Gedanken hinzugeben. Natürlich habe ich mich zuvor außerhalb der Wanne, wie ich es inzwischen gelernt habe, von Kopf bis Fuß gewaschen, schließlich könnten ja nach mir noch andere Gäste baden wollen.



Doch beim Yuugohan stellt sich heraus, dass ich der einzige Gast im Hause bin. Das Essen ist nicht so reichhaltig und exklusiv wie im Yamadaya und Kakinoki, es ist eher das einfache Menue, aber es schmeckt mir hervorragend: Fleisch mit vielen Pilzen in einer Suppe, die auf dem Tisch gekocht wird, Sashimi (roher Fisch), Erbsen in der Schale, Tsukemono (eingelegtes Gemüse), überbackene Aubergine und Tempura (in Teigmantel frittiertes Gemüse und Garneele) und schließlich der Reis zum Sattwerden, in den ich das rohe Ei unterrühre. Dazu trinke ich eine Literflasche leckeres Kirinbier und habe danach die richtige Bettschwere.

Ich schreibe mein Tagebuch für heute fertig, schaue noch etwas fern und bald hat mich die Müdigkeit eingeholt.

Samstag, 31. Oktober 2009

Das Ende der Samurai in Aizu-Wakamatsu








Dienstag, 15.09.2009


Heute mache ich meine erste kleine "Alleinreise" in meinem diesjährigen Japanurlaub.

Tetsuo hat mir empfohlen, nach Aizu-Wakamatsu zu fahren, um dort die berühmte Burg und Samuraihäuser anzusehen. Für die Übernachtung hat er für mich per Internet ein Zimmer im Fujimi Ryokan in Aizu gebucht.
Zu meiner Reisevorbereitung gehört weiter ein exakt von ihm ausgearbeiteter Fahrplan für Hin- und Rückfahrt mit jeweiligen Alternativen für den Fall, dass etwas schief geht oder ich länger irgendwo verweilen möchte.

Zunächst muss ich mit dem Shinkansen fahren. Mit meinem Japan Rail Pass werde ich höflich durch die Sperren im Obergeschoss des Bahnhofs Sendai gebeten. Die Züge werden in der Lobby und auf den Bahnsteigen neben Japanisch auch in Englisch angezeigt, so dass man eigentlich nicht in den falschen Zug steigen kann.

Ich muss den Shinkansen nach Tokio nehmen und in Koriyama umsteigen. Noch bin ich nicht völlig mit dem Shinkansenbetrieb vertraut, denn offensichtlich bin ich in einen Waggon für reservierte Sitzplätze eingestiegen. Der dienstbeflissene Schaffner muss mir das am Gesicht angesehen haben, denn als einziger Fahrgast in dem nur zu einem Viertel besetzten Waggon werde ich kontrolliert und auf einen anderen Sitz verwiesen. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Ich möchte aber gleich hinzufügen, dass dieser Vorfall der einzige war, in denen mir Japaner nicht mit äußerster Höflichkeit, Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit begegnet sind.

In Koriyama muss ich umsteigen und einen Lokalzug nach Aizu-Wakamatsu nehmen. Sicherheitshalber frage ich einen der wartenden Fahrgäste: "Kono densha wa Aizu-Wakamatsu he ikimasuka?" (fährt dieser Zug nach Aizu-Wakamatsu?) und bekomme ein freundliches "hai, ikimasu" (ja, er fährt dort hin) zur Antwort.

Aizu-Wakamatsu liegt in den wunderschönen Bergen von Zentralhonshu und auf der Fahrt dorthin werden die Täler immer enger und die Berge höher. Überall sind Reisfelder als große oder keine gelbe Flächen zu erkennen. Manche Felder sind schon abgeerntet und die Reisbündel sind auf Holzböcken zum Trocknen aufgehängt. Manchmal wartet der Zug an einem Bahnhof, um den Gegenverkehr vorbeizulassen, denn die Strecke ist größtenteils einspurig. Es ist für mich immer ein kleines Wunder, wie dennoch 100% Pünktlichkeit erreicht werden kann.

Vor dem Bahnhof in Aizu stehen Busse, darunter auch Touristenbusse, die die Sehenswürdigkeiten der Stadt anfahren. Fahrpläne gibt es auch auf Englisch, was immer ein Zeichen dafür ist, dass auch ausländische Touristen den Ort besuchen. Es sind alte, ausgediente Busse, die liebevoll restauriert und mit auffälligen Farben bemalt worden sind, so dass man sie immer sofort erkennen kann.

Zuerst lasse ich mich zur Burg fahren, die Tsurugajo (Kranichburg) heisst. Das ursprüngliche Gebäude, erbaut 1384 von den Fürsten von Aizu, galt als stärkste Festung in Nordostjapan. In Aizu-Wakamatsu und um diese Burg fanden nach der von den Amerikanern erzwungenen Öffnung Japans nach 200 Jahren selbstgewählter Isolation heftige Kämpfe statt. Die Stadt war einst Zentrum der einflussreichen Matsudaira Sippe. Diese kämpfte 1868 auf Seiten des Tokugawa Shogunats gegen die kaiserlichen Meji-Truppen (in Wikipedia habe ich ein Foto von jungen Samurais aus dieser Zeit gefunden, ein sehr interessantes Dokument). Die mit Wassergräben und dicken Steinmauern gut gesicherte Burg hielt einen Monat lang den kaiserlichen Soldaten stand. Von einem nahegelegenen Hügel sahen 20 Söhne der Samurais im Alter von 14 bis 16 Jahren, genannt "weiße Tiger" (Byakkotai) die brennende Burg und dachten, die Schlacht sei verloren. Gemeinsam begingen sie rituellen "Seppuku" (http://http//de.wikipedia.org/wiki/Seppuku). Doch die Schlacht war noch nicht verloren und der Kampf dauerte an. Schließlich siegte doch die Meji Regierung und ließ die Burg 1874 niederbrennen. In Aizu-Wakamatsu wurde aber das Andenken an die getöteten Samurai immer hoch gehalten und für die Söhne auf dem Selbstmordhügel Rimoriyama ein Museum eingerichtet. Dort sind auch Gedenksteine für jeden der getöteten Jungen zu besichtigen.

Durch eine private Initiative wurde die Burg im Jahre 1965 nach alten Vorlagen und Fotografien wieder aufgebaut. Sie ist heute ein Museum. In dem weitläufigen Park ist auch ein Teehaus wiederaufgebaut worden, in dem man für wenig Geld eine Teezeremonie bekommen kann.



Zu Fuß gehe ich weiter zum Heilkräutergarten (Oyakuen), der in der Nähe liegt. Auf dem Weg dorthin komme ich an einem Blumenladen vorbei, vor dem wunderschöne Bonsai zum Verkauf stehen.




Oyakuen wurde im 17. Jahrhundert angelegt. Es ist ein typisch japanischer Garten. Es sind nur ganz wenig Besucher da, so dass man die Stille genießen und die kunstfertige Anlage bewundern kann. Nichts ist natürlich, aber nichts sieht aus wie künstlich. In dem großen Teich schwimmen riesige Kois, schwarze, goldfarbene, rote. Sie folgen den Besuchern auf ihrem Gang um den See. An einer Stelle kann man Futter kaufen. Natürlich füttere ich auch. Unglaublich, wie schnell sich hier alle Kois versammeln und ihre Mäuler aufsperren, als warteten sie darauf, dass man ihnen Futter hineinwirft. Einige Enten sind auch plötzlich da. Im Kampf um das Futter sind sie meistens schneller als die Kois.

Mit dem Bus fahre ich zurück zum Bahnhof, um mich auf die Suche nach dem Fujimi Ryokan zu machen, aber davon erzähle ich im nächsten Post.







Montag, 26. Oktober 2009

Japan Rail Pass und Shinkansen











Jetzt möchte ich Euch etwas über den Japan Rail Pass berichten.

Japan Rail, abgekürzt JR, ist die größte der japanischen Eisenbahnen. Es gibt noch einige kleinere, private Bahnen, die aber vorwiegend im regionalen Bereich fahren.
Als Ausländer kann man sich in der Heimat einen Gutschein für den Japan Rail Pass kaufen und zwar für eine, zwei oder drei Wochen. Ich habe diesmal einen für drei Wochen gekauft. Kosten: 450 €. Das erscheint viel, aber die Bahnpreise in Japan sind sehr hoch. Da ich in den 3 Wochen fast nur unterwegs war und sehr lange Strecken zurückgelegt habe, hat er sich mehr als rentiert. Allein die Fahrten von Beppu nach Sendai und Sendai nach Hokkaido wären schon teurer gewesen, als der Pass. Also eine gute Einrichtung!

Bis auf die allermodernsten und schnellsten Züge, z.B. den Nozomi, kann man mit dem JRP mit allen Zügen fahren. Natürlich und gerade mit dem Shinkansen, der in etwa mit unserem ICE vergleichbar ist.

Wenn ich über meine Erfahrungen mit der japanischen Bahn berichte, so sage ich vorweg:
Wer einmal in Japan mit dem Zug gefahren ist, möchte nie wieder Deutsche Bahn fahren!
Es fängt an mit der Pünktlichkeit. Nach den Zügen der japanischen Bahnen kann man die Uhr stellen, aber nicht den Minutenzeiger, sondern den Sekundenzeiger! In Wikipedia habe ich gelesen, dass die Pünktlichkeit der Shinkasen international konkurrenzlos ist. Alle Shinkansenzüge zusammengerechnet fahren pro Tag unter 5 Minuten Verspätung ein. Hat ein Lokführer mehr als 15 Sekunden Verspätung, muss er sich schriftlich verantworten.

Der Ticket- und Reservierungsschalter im Bahnhof von Sendai ist immer voll besetzt. Etwa 12 Angestellte kümmern sich freundlich um deine Anliegen. Nie habe ich ein mürrisches oder unfreundliches Gesicht gesehen. Selbst bei schwierigen und langwierigen Bestellungen (unser Ticketkauf und die Reservierungen für die Fahrten nach und in Hokkaido waren dafür ein typisches Beispiel) bleiben die jungen Angestellten freundlich, höflich und immer hilfsbereit. Und das habe ich überall erlebt. Man wünscht manchem deutschen Bahnbeamten mal ein einwöchiges Praktikum in Japan, um dort zu lernen, was Kundenfreundlichkeit heißt.

Der Shinkansen fährt auf einem eigenen Bahngleis, also getrennt vom Regional-, Nah- und Güterverkehr. Das Gleisbett ist häufig aufgeständert verlegt, man hat dadurch einen völlig freien Blick auf die Landschaft und die Städte, die angefahren werden. In den großen Bahnhöfen sind Schranken auf dem Bahnsteig, die erst nach Stillstand des Zuges geöffnet werden. Damit sind unbeabsichtigte Unfälle ausgeschlossen. Obwohl Japan neben Finnland die höchste Selbstmordrate in der Welt hält, werfen sich die potentiellen Selbstmörder nicht vor den Zug!

Seit der Einführung des Shinkansen im Jahre 1964 (pünktlich zu den olympischen Sommerspielen in Tokio) ist es zu keinem Unfall mit Todesfolgen gekommen und dies in einem Land, das als extrem erdbebengefährdet bekannt ist.

Zwischen Sendai und Tokio verkehrt in kurzen Abständen der Tohoku Shinkasen. Sobald der Zug im Bahnhof von Sendai eingelaufen ist, werden alle aussteigenden Passagiere von freundlichem Reinigungspersonal (meistens Frauen) mit Verbeugung begrüßt. In offen gehaltene Plastiktüten können sie ihren Müll werfen. Dann wird der Zug für wenige Minuten geschlossen, damit das Reinigungspersonal seine Arbeit aufnehmen kann. In Windeseile sind alle Sitze auf die neue Fahrtrichtung ausgerichtet. Die wartenden Fahrgäste haben sich schon vor Einfahrt des Shinkasen in einer Reihe an den Einstiegsstellen aufgestellt, die auf dem Bahnsteig markiert sind. Der Zug hält so, dass genau an diesen Stellen die Türen der Waggons sind. Es gibt beim Einstieg kein Drängeln und Rennen, alles läuft völlig entspannt und ohne Stress ab. Meint man, in einem der relativ wenigen unreservierten Waggons keinen Sitzplatz mehr zu bekommen, wartet man einfach auf den nächsten Zug und ist dann unter den ersten in der nächsten Schlange.

An Komfort ist der Shinkansen nicht zu überbieten. Die Sitze sind bequem und der Abstand zu den Vordersitzen ist größer als bei der DB. Neben den Toiletten gibt es im Waggon auch noch praktischerweise ein Pissoir. Die Türe braucht nicht verschlossen zu werden, weil man durch das Glas sehen kann, ob hier gerade jemand"beschäftigt" ist. Die Waschgelegenheiten sind offen, d.h. man kann sich auch schon mal die Hände waschen, ohne auf die Toilette gehen zu müssen. In jedes Waschbecken ist ein automatischer Seifenspender eingebaut. Die Hände werden ebenfalls über dem Waschbecken mit einem Föhn getrocknet.

Bevor der Zugführer den Waggon (alles Großraumwagen) betritt, nimmt er die Mütze ab und verbeugt sich, beim Verlassen geht er nach einer erneuten Verbeugung nach rückwärts durch die Türe. Das kann man alles für übertrieben halten, aber es spiegelt sehr viel von dem wider, was in der japanischen Gesellschaft so stark ist, nämlichen dem anderen immer mit Höflichkeit und Freundlichkeit begegnen. Mein Eindruck ist, dass sich das Personal der JR hundertprozentig mit seiner Arbeit identifizieren kann und teilnimmt am großen Erfolg des Unternehmens.

Sonntag, 25. Oktober 2009

MOA in Atami





























Samstag, 12.09.2009
















Das Frühstück ist wieder sehr reichlich und lecker. Selbstverständlich nehmen wir zuvor das obligatorische Bad.







Der freundliche Besitzer der Pension Kakinoki bringt uns zum Bahnhof und von dort aus fahren wir mit dem Lokalzug nach Atami. Atami ist eine mittelgroße, sehr lebhafte Onsenstadt auf der Halbinsel Izu.

Mit dem Bus fahren wir hinauf zum Museum of Art (MOA), auf japanisch: Bijutsukan. Es ist ein modernes Gebäude, das oben auf dem Berg liegt. Der Eingang ist aber etwa 100 m tiefer und so fährt man mit vier langen Rolltreppen hinauf. Die Farben, in denen die großen Röhren erstrahlen, wechseln ständig. Dazu hört man leise esoterische Musik. Es ist großartig und sehr eindrucksvoll. Die Fotos von dem grandiosen Aufgang hoch zum Museum habe ich nicht selbst gemacht, sondern im Internet gefunden. Aber ich habe ein Video davon gemacht, das ich hier einstellen werde, wenn ich die Software zum Bearbeiten habe.

Leider ist ein Stockwerk nicht zugänglich, weil eine neue Ausstellung vorbereitet wird, aber das, was wir betrachten können, ist sehr schön: antike Kunst aus China und Japan, eine große römische Amphore, wunderschön verziert, viele Krüge aus unterschiedlichen Epochen, Wandbilder aus der Edo-Zeit. Alles sehr großzügig und beeindruckend präsentiert.

Ich kaufe im Museumshop 3 Postkarten von japanischen Künstlern, die ich Euch hier zeigen möchte.

Zurück in der Stadt bummeln wir durch die Einkaufsstraßen. Überall sieht man Läden mit getrockneten Fisch, eine Spezialität von Atami. Tetsuo kauft Fisch für seine Familie, der vom Geschäft gleich versandfertig verpackt und zur Post gebracht wird. Welch ein Service! Natürlich kaufen wir auch Fisch für uns, denn morgen fahren wir nach Sendai.

Nach dem wieder sehr guten Frühstück verlassen wir die freundliche Pension, in der wir so herzlich aufgenommen worden sind, nicht ohne zuvor noch das obligatorische Foto zu machen.



Samstag, 24. Oktober 2009

Pension zum Kakibaum




Freitag, 11.09.2009


Von Shizuoka auf die Halbinsel Izu ist es nicht mehr sehr weit. Wir fahren mit dem Lokalzug, müssen zweimal umsteigen. Auf der Fahrt können wir manchmal den Fujisan sehen, der aber immer etwas im Dunst liegt.

In Futo, einem kleinen Ort an der Pazifikküste, wollen wir bis zum Sonntag bleiben.

Am Bahnhof werden wir vom Besitzer der Pension "Kakinoki", auf Deutsch: Kakibaum, abgeholt. Es ist nicht weit zur Pension, die in einem neuen Haus an der Straße zum Hafen liegt. Sie ist erst 2 Jahre alt. Die Besitzer kommen aus Tokio und haben sich die Pension als Alterssicherung erbaut.

Die Einrichtung ist sehr schön mit Holz getäfelt, die Zimmer sind groß und mit Tatamimatten ausgelegt. In der Pension gibt es nur 4 Gästezimmer. Jedes Zimmer hat einen Namen, der auf ein Holztäfelchen gemalt ist. Unser Zimmer heißt "Kouzu" und man hat von ihm aus einen schönen Blick über die gegenüberliegende Straßenseite hinweg auf das Meer. Es ist im typisch japanischenStil eingerichtet: Tatami Matten aus fem Boden, viel helles Holz, sehr geräumig. Schließlich muss es Platz bieten für 4 Futons.



Geht man ins Onsen, nimmt man das Täfelchen von der Wand und hängt es an die Türe zum Bad. So weiß jeder, dass das Bad besetzt ist und wer gerade badet. Es gibt 2 Onsen in der Pension, eins im Haus, das andere im Freien. Das Wasser ist sehr heiß und kommt aus einer eigenen Quelle. Im Zimmer liegt eine Wasseranlyse aus. Tetsuo erklärt mir, dass das Wasser sehr gut ist.

Der Hammer ist aber der Yuugohan am Abend: Sashimi direkt vom Meer, morgens gefangen, eine große Garneele, gekochte Zwiebeln in Tomatensauce, in Sojasauce gebratener Fisch, Gemüse aus dem Garten der Besitzer, Tempura mit Goya, einer bitterscharfen Frucht, an die ich mich erst noch gewöhnen muss, die aber dann sehr gut schmeckt, große Muschel mit wunderschönem Gehäuse (ich bekomme sie nach dem Essen für meine Enkeltöchter geschenkt). Schließlich Suppe, in der der Garneelenkopf mitgekocht wird und Reis. Am Schluss noch selbstgemachtes Eis, das alles in den Schatten stellt, was ich bisher an Eis in Japan gegessen habe.

Die Wirtin taut etwas auf und fragt woher ich komme. Ich freue mich, dass ich schon besser Japanisch reden kann. Von einer richtigen Konversation bin ich aber noch weit entfernt.

Freitag, 16. Oktober 2009

Guten Morgen Fujisan







Freitag 11.09.2009



Der Abschied von der sympathischen Besitzerin des Daikokuya mit der Reibeisenstimme fällt uns schwer. In Kannawa haben wir uns so wohl gefühlt.

Die Entscheidung, auf der Fahrt nach Norden, Richtung Sendai, in Shizuoka Station zu machen, fällt ziemlich spontan. Ich hatte beiläufig gesagt, dass ich noch nie den Fujisan in Wirklichkeit gesehen habe. Da wir sowieso auf die Halbinsel Izu fahren wollen, bot sich diese Stadt mit ihrer berühmten Aussicht auf den Fuji an.

Doch zuerst müssen wir nach Oita fahen, weil in Beppu mein Japan Rail Pass nicht aktiviert werden kann. Dann fahren wir mit dem Shinkansen, dem berühmten superschnellen Zug. Die Fahrt dauert 7 Stunden. Wir unterqueren das Meer zwischen den Inseln Kyushu und Honshu im Tunnel. Von der schönen Landschaft, die sich uns auf Honshu zeigt, bekomme ich nicht allzuviel mit, da ich meistens schlafe.

Quartier für heute ist das Nippondaira Hotel, weit oben auf dem Berg, mit herrlichem Blick auf die Stadt und den Fujisan. Die Zimmer mit Sicht auf den Fujisan sind teurer, aber das hindert uns nicht, weil das ja gerade der Anlass dafür ist, hier Station zu machen.

Der Fujisan ist der heilige Berg der Japaner und viele pilgern im Laufe ihres Lebens wenigstens einmal auf seinen Gipfel. Es ist ein noch aktiver Vulkan, allerdings schon sehr lange untätig und uns allen aus hunderten von gemalten oder fotografierten Ansichten bekannt. In der westlichen Welt ist er als Fujiyama (Fujiberg) bekannt, die Japaner nennen ihn aber Fujisan und dieser Sprachregelung schliessen wir uns an. Es ist Japans höchster Berg und mit 3776 m deutlich höher als die Zugspitze. Bis auf die Sommermonate trägt er die charakteristische Schneehaube über dem Gipfel.

Doch heute will er sich uns nicht zeigen. Die Bucht über Shizuoka ist dunstig und nur ganz vage kann man hoch in den Wolken den Fujisan sehen.

Am nächsten Morgen ist die Sicht auf ihn besser und er erhebt sich majestätisch über die Wolken. Der Anblick ist faszinierend.

Auf den Fotos seht Ihr ihn ganz oben von mir fotografiert. Darunter sind Postkartenansichten, die uns im Hotel geschenkt wurden. Wie ihr seht, auch nachts ein erhebender Anblick.