Dienstag, 26. Januar 2010

Kono ika no atama wo taberu koto ga dekimasen oder: diesen Tintenfischkopf kann ich nicht essen!

Zum Abendessen werden wir von Maiko und Ihrer Familie in ein typisch japanisches Restaurant eingeladen. Am Eingang das Bassin mit den lebenden Fischen, die man sich aussuchen kann. Die niedrigen Tische stehen in kleinen Separèes, so dass man unter sich sein kann. Also essen wir im Schneidersitz. Das ist immer etwas unbequem für mich.




Es dauert nicht lange und der kleine Tisch steht voll mit Köstlichkeiten: Sushi, Kartoffelchips, Tsukemono, Yakitori, das ist Hühnerfleisch am Spieß, gegrillt. Und natürlich Sashimi, roher Fisch, den man in Soyasoße eintunkt. Bier und Sake dürfen natürlich auch nicht fehlen.



Als Sashimi wird uns Tintenfisch gebracht, der bei unserem Eintritt in das Restaurant noch munter im Bassin geschwommen ist. Der Körper ist in dünne Streifen geschnitten und schmeckt vorzüglich. Frischer geht es wirklich nicht mehr. Mit dem Kopf des Tintenfisches wurde das Sashimi dekoriert.
 
Und jetzt beginnt das, was ich meinen „japanischen Kulturschock“ nennen möchte. Die Tentakel bewegen sich, als suchten sie etwas in der Luft zu greifen. Sie verfärben und entfärben sich. Es sieht aus, als würden langsame Blitze vom Kopf bis zu den Tentakelspitzen laufen. Es ist ein gewöhnungsbedürftiges Schauspiel, aber wäre noch zu ertragen, bekäme ich nicht die freundliche Aufforderung, den Kopf roh zu verspeisen. Nun muss ich dazu sagen, dass ich in Japan alles gegessen habe, was mir angeboten worden ist und ich habe alles als sehr lecker empfunden. Eine Ausnahme bildet Nattou. Nattou sind fermentierte Bohnen, eigentlich Grundbestandteil eines japanischen Frühstücks. Doch die schleimige Konsistenz und ein unangenehmer Geruch machen diese Speise für westliche Gaumen ungenießbar. Tetsuo sagte mir, dass alle seine westlichen Bekannten einen großen Bogen um Nattou machen.

Zurück zu unserem Tintenfischkopf. In einer Mischung aus Neugier und Abneigung betrachte ich die Bewegungen des doch toten Tieres. Als ich realisiere, dass die Ermunterung, den Fisch roh zu verspeisen, nicht etwa eine typisch japanische Neckerei der Fremden mit den ihnen nicht vertrauten Gewohnheiten ist, steigt langsam ein Würgegefühl von meinem Magen hoch. Nein, das ist unmöglich, „muri desu“. Nun heißt es, meine Gefühle mit meinen bescheidenen Kenntnissen der japanischen Sprache auszudrücken. „Kono ika no atama wo taberu koto ga dekimasen. Muri desu“, auf Deutsch: diesen Tintenfischkopf kann ich nicht essen, es ist unmöglich. Die ganze Familie amüsiert sich über mich. Schließlich hat man ein Erbarmen mit mir. Von der freundlichen jungen Bedienung wird der Tintenfischkopf, nachdem wir das Sashimi aufgegessen haben, abgeholt, um ihn wenige Minuten später als Tempura wieder zurück zu bringen. Und als Tempura, in Teig gewälzt und heißem Öl gekocht, schmeckt Tintenfisch nun einmal vorzüglich. Alles ist vergessen und das Schmausen kann weiter gehen.



Yuka und Mizumi lassen sich mit mir bereitwillig fotografieren und natürlich darf ein Gruppenbild nicht fehlen. Es beendet meine Begegnung mit dieser herzlichen Familie.


2 Kommentare:

you-wee because hat gesagt…

Konnichi-wa Axel-san!

Im wahrsten Sinne des Wortes: Köstlicher Bericht über dein aktuelles Ess-Erlebnis!
Ich kann ein wenig mitfühlen, da meine Erinnerungen an japanische Küche noch sehr präsent sind. Alles wirklich lecker. Aber wenn dich das Essen treuherzig anschaut, sich noch vor dem Verzehr mit dir unterhalten oder sonst wie Kontakt aufnehmen will - da macht es einem der Tempura-Teig doch wesentlich einfacher... ;-)

Wenn ich mal dazu kommen werde, stelle ich die nächsten Wochen auch wieder einige Tokyo-Erlebnisse - auch kulinarischer Art - in meinen Blog. Dann kannst du mal vergleichen!

Gruß (heute) aus der Mitte Deutschlands - aus Göttingen,

Uwe.

Nihonnotomodachi hat gesagt…

Uwesan konnichiwa,
danke für den Kommentar. Ich bin natürlich auch sehr gespannt auf Deine Erlebnisse in Tokio.
Bis bald.